Erdbeben aufräumen

Irgendwann zwischen und während der ganzen Nachbeben haben wir mit dem Aufräumen angefangen. Erstmal die Hauptleitungen für Wasser und Strom abschalten, dann die gröbsten und vielleicht auch schwersten Sachen wenigstens aus dem Weg schaffen, Schränke, Fernseher, Türen etc. Einige Nachbeben sind heftig (5,5) und wir rennen wieder aus dem Haus, ein seltsames Katz- und Mausspiel. But you gotta start at some point.

Die Batterien von Laptops und Telefonen sind bald aufgebraucht, wir haben ein Feld-Radio mit Kurbel und können für ein paar Minuten Radio hören, die Neuigkeiten für Christchurch sind nicht gut, das Stadtzentrum ist komplett im Eimer, mehr als genug Leute haben sehr viel weniger Glück als wir gehabt.
Es geht jetzt um Wasser, Nahrung, Kerzen, Benzin, Toilette und Strom. Craig und ich reparieren die aus ihren Positionen gesprungenen Stützblöcke am Dachstuhl und arbeiten uns dann durch die Stockwerke.

Die Nachbarn Dawn und Jim sind um die achtzig, völlig geschockt, es ist krass, wir können nichts wirkliches für sie tun, ausser einem Tee auf dem Gaskocher machen, das scheint zum Glück ein bisschen zu helfen. Am frühen Abend bringt eine Bekannte die Kinder vorbei, die sie zusammen mit ihrer Tochter aus der Schule abgeholt hatte, es geht ihnen gut, die Sorgen werden weniger. Das Stadtzentrum ist mittlerweile von Armee und Polizei abgesperrt, aus Furcht vor allen möglichen Gefahren und vor Plünderern.

Später bastelt Craig ein improvisiertes Ladegerät, das mobile Telefonnetz ist teilweise wieder da, SMS und Anrufe kommen ab und zu durch, besorgte Nachfragen und auch Bitten, bei einigen Leuten in der Nachbarschaft mal nachzusehen. Wir helfen einer älteren Dame namens Dorothy, lassen ihr eine Taschenlampe da und kontaktieren ihre Verwandten, die sie am nächsten Morgen abholen.

Die meisten Brücken und Strassen sind schwer beschädigt und/oder gesperrt, nachts ist in der Stadt alles dunkel, ich schlafe im Auto. Schon krass, welche seltsamen Vorsichtsmassnahmen man auf einmal trifft — Klamotten an lassen, der Schlüssel steckt im Zündschloss, es ist einfach Angst. Wirklich viel schläft glaube ich kaum jemand, die mehr oder minder starken Nachbeben rollen alle paar Minuten, manchmal auch im Sekundentakt nacheinander.

Morgens geht es mit dem Aufräumen weiter, Rae zaubert Instantkaffee und Muffins, Craig und ich machen uns an die Garage und die restlichen Zimmer und graben eine Latrine im Garten.

Ich beschliesse so lange zu bleiben bis meine Hilfe nicht mehr wirklich benötigt wird, das ist dann am Donnerstag nachmittag der Fall — das Haus ist wieder einigermassen bewohnbar und die Kinder von Verwandten auf dem Land abgeholt.
Der Weg aus der Stadt ist ein Zickzack-Kurs vorbei an gesperrten Strassen und Brücken, es wird Monate dauern das alles zu reparieren. Endlose Staus an den wenigen wieder geöffneten Tankstellen und Supermärkten, Hamsterkäufe sind anscheinend angesagt. So schnell wie möglich fahre ich daran vorbei und wasche mir unterwegs in einem sauberen und frischen Fluss in der Nähe von Hanmer Springs den ganzen Dreck ab und komme bei Einbruch der Dunkelheit bis Murchison und nehme mir ein Zimmer über dem Pub.

Der Schock scheint immer noch ein bisschen zu sitzen…ich checke tatsächlich vorm Einschlafen den möglichen Fluchtweg übers Vordach in Richtung Parkplatz, posttraumatisches Stresssyndrom galore.

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4 Antworten zu Erdbeben aufräumen

  1. rue sagt:

    Moe! Was bin ich happy, dass dir nichts passiert ist!

  2. wiegald sagt:

    Krass Moe, alles gute und schön das es dir gut geht!

    wiegald

  3. Lars und Oxana sagt:

    Hey moe, alles Gute Dir und all den lieben Menschen denen Du begegnest. Wir sind erleichtert dass es Dir nichts passiert ist. Pass bitte auf Dich auf soweit es geht. Mit Bewunderung und Gedanken an Dich, wir
    PS coole disc golf nummer

    oxana lars

  4. Susann sagt:

    moe, ich bin froh, dass du das alles erstmal heil überstanden hast. hoffe, dass dein trip jetzt ohne stress weiter geht und die sympathischen neuseeländer von weiteren katastrophen verschont bleiben. bis bald susann

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